Schulerweiterung und Sanierung BRG-Gröhrmühlgasse, Wr. Neustadt-A, 2020

EU-weiter, offener, einstufiger Realisierungswettbewerb

© KNAUER ARCHITEKTEN
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Projektbeschreibung

Vier Bauteile – Eine Schule

 

Das vorhandene Gebäudeensemble des BRG Gröhrmühlgasse, bestehend aus der denkmalgeschützten Burkhardvilla, errichtet 1885 und dem Schulgebäude aus dem Jahr 1981, wird durch zwei Bauteile erweitert: Der westliche, neue Baukörper, der direkt an das Bestandsgebäude aus dem Jahr 1981 „andockt“, und dem Bereich der Bildnerischen Erziehung, der unterirdisch im Vorplatzbereich der Burkhardvilla untergebracht ist.

 

Städtebauliches Konzept:

 

Der neue Erweiterungsbau westlich des Bestandsgebäudes von 1981 schließt direkt an dieses an und übernimmt sowohl seine Volumetrie als auch seine Gebäudekanten. Vertikale Gebäuderücksprünge an der Nord- und Südfassade zeigen eine klare Ablesbarkeit der unterschiedlichen Bauteile. Im EG und 1. OG erweitert sich der Baukörper um einige vorspringende Kubaturen, sodass verschiedene begehbare Freiflächen auf unterschiedlichen Ebenen entstehen. Diese können sowohl für Freizeit- und Pausenflächen, als auch für den Unterricht im Freien verwendet werden.

 

Durch die Weiterführung der vorhandenen Gebäudefluchten können die geforderten Abstandsflächen im Norden leicht eingehalten werden. Der zweigeschoßige Bauteil an der Südwestecke des Grundstücks hält den Mindestabstand von 3 Metern ein. Auf Grund seiner geringen Höhe ist er gut in die niedrige Bebauung der Umgebung integrierbar.

 

Der voluminöse Turnsaaltrakt ist zur Gänze unter der Erde positioniert und somit nicht visuell präsent.

 

Der in Form einer Rotunde konzipierte Ateliertrakt für die bildnerische Erziehung, technisches und textiles Werken wird durch einen zentralen runden Innenhof („Lichtbrunnen“) zusammen mit je einem Oberlicht je Unterrichtsraum natürlich belichtet und belüftet. Durch die konzentrische Anordnung der Räume wird die Dimension des abgesenkten Freibereichs auf das allernotwendigste Minimum reduziert und der Vorplatz der Burkhardvilla größtmöglich als Pausen- und Freibereich erhalten.

 

Bis auf den Entfall der Freiflächen der ehemaligen Sportanlage, auf der der neue Schulerweiterungsbau situiert wird, bleiben die Freiflächen und deren bisherig Nutzungen im Wesentlichen erhalten:

 

  • Vorplatz Burkhardvilla: Parklandschaft mit Biotop, Stiegenpavillon an der südlichen Grundgrenze als Fluchtweg und direkter Gartenzugang aus dem unterirdischen Ateliertrakt.
  • Entlang der Burkhardgasse (von Ost nach West): Bestehender Schulhaupteingang samt Fahrradabstellflächen, zusätzliche Eingänge bzw. Fluchtausgänge sowohl in das Bestandgebäude 1981 als auch in den Neubau, barrierefreier Turnsaalzugang für externe Benutzer.
  • Die Ost-Westdurchfahrt an der Nordseite des Grundstücks bleibt erhalten. An ihr werden 35 PKW-Stellplätze untergebracht und ein neuer Müllsammelplatz. Sie dient zusätzlich als Feuerwehrzufahrt.
  • An der Westseite des neuen Erweiterungsbaus befinden vorgelagert zu den Tagesbetreuungsräumen Terrassenflächen und ein Belichtungs- und Belüftungsschacht für die darunter befindlichen Turnsäle. An den im Norden platzierten Tagesbetreuungsbereich sind ebenfalls Freibereiche, die teilweise überdacht sind, vorgesehen.

Gebäudeorganisation / Nutzungskonzept:

 

Die bereits vorhandenen Grundstückzufahrten und –zugänge bleiben erhalten, ebenso wie alle vorhandenen Gebäudeeingänge. Das gleiche gilt für die Lage der PKW- und Fahrradabstellplätze. Sie werden lediglich adaptiert bzw. erweitert.

 

Im Sinne der Gleichbehandlung wird an Stelle des nicht barrierefreien Schulhaupteingangs eine barrierefreie Lösung durch Absenkung des Haupteingangs auf Ebene EG vorgeschlagen. Zu diesem Zweck wird die Treppe ins 1. OG abgebrochen und durch einen zentralen Eingang auf Ebene EG geschaffen. Der Höhenunterschied zum Vorplatz beträgt ca. 65 cm und wird über eine zweiteilige Rampe überbrückt. Ein Teil der Rampe befindet sich im Freien vor dem Eingang und überwindet einen Höhenunterschied von ca. 40 cm, der zweite ist im Gebäudeinneren integriert und überwindet ca. 25 cm Höhenunterschied. An Stelle der ehemaligen beiden kurzen Treppen, die bisher ins EG führten, erschließen nun zwei Stiegenläufe den neu geschaffenen Ateliertrakt im 1.UG unter dem Villenvorplatz.

 

Das EG dient nunmehr als zentrale Verteilerebene: Von hier erreicht man neben dem Ateliertrakt auch barrierefrei die Verwaltung, die in der Burkhardvilla untergebracht ist, den unmittelbar angeschlossenen Erweiterungsbau und natürlich das Bestandsgebäude „1981“.

 

2020/1981 - Erweiterungsbau West und Bestandsschule „1981“:

 

Der westliche Neubau ist ebenso wie das Bestandsgebäude aus 1981 um ein zentrales Atrium organisiert. Beide Atrien sind so zueinander positioniert, dass ein fließender Übergang zwischen den Bauteil gewährleistet ist. Verstärkt wird dieser Eindruck noch zusätzlich dadurch, dass alle Obergeschoße in gleicher Höhenlage zueinander hergestellt werden. Obwohl die beiden Teile im internen Funktionsablauf als ein homogener Bildungsbau organisiert sind, werden sie im Brandfall in zwei komplett getrennte Abschnitte geteilt (Brandschotte in der Verbindungszone zwischen den beiden Atrien).

 

  • EG: Neben dem Abriss des bestehenden Turnsaaltrakts, wird der eingeschoßige Bauteil an der SW-Ecke von „1981“, der auch den Nieder- und Hochspannungsraum beinhaltet, abgebrochen. An seiner Stelle wird der neue barrierefreie externe Sporthallenzugang samt Sanitärräume errichtet. Niederspannungs- und Hochspannungsraum werden ums Eck im Bereich des ehemaligen Lagerraums untergebracht. Da die Umlegung der Stromversorgung nur wenige Meter ausmacht, scheint dies ökonomisch darstellbar.

Das Fußbodenniveau des Neubaus ist um 50 cm gegenüber den bestehenden Fußboden in „1981 abgesenkt und über Rampen mit diesem verbunden, damit hier eine ausreichende Raumhöhe erzielt werden kann. In diesem Bereich sind der Mehrzweckraum mit der Musikerziehung und die Tagesbetreuung samt zentralem Buffet untergebracht. Im Atrium führt eine breite Sitztribüne ins 1. OG, die auch bei Veranstaltungen gemeinsam mit dem Mehrzweckraum als Sitzgalerie bzw. Aufführungsbühne genutzt werden kann. Unterhalb der Sitzgalerie ist über eine verglaste Deckenöffnung eine großzügige Sichtverbindung in die Sporthalle vorgesehen. In diesem Bereich befindet sich auch der interne Zugang zu den Garderoben (1.UG) und in weiterer Folge zu den drei Turnhallen (2.UG). Da der Mehrzweckraum über einen eigenen barrierefreien Zugang verfügt, ist eine Verwendung auch außerhalb des normalen Schulbetriebs gegeben.

Den Räumen der Tagesbetreuung sind Freiflächen, die teilweise überdeckt sind, vorgelagert.

 

Ein neuer Lift erschließt alle sechs Geschoße des Neubaus barrierefrei.

 

Im Bereich „1981“ sind auf Grund der niedrigen Raumhöhen ausschließlich Nebenräume untergebracht, so wie die Zentralgarderobe, Technikräume, z.B. die neue Lüftungszentrale für den Sportbereich und Sanitärbereiche. Der Bereich Aufwärmküche und Lager wird um 50 cm abgesenkt.

 

  • 1. OG: Das 1. OG des Neubaus beherbergt die naturwissenschaftlichen Sonderunterrichtsräume. Auf Grund der Raumkonfiguration im EG wird an der Südseite der beiden Bauteile ein neuer Freibereich geschaffen, der sowohl vom Neubau als auch von „1981“ direkt zugänglich ist. Da er den Biologie-Unterrichtsräumen vorgelagert ist, bietet sich eine Nutzung als Freiluft-Pflanzlabor an. Für den Bestand dient die Terrasse auch zusätzlich als Fluchtweg, als Ersatz für die abgebrochene Treppe zum Haupteingang.

Im Bestand „1981“ sind Klassenräume, EDV und die Bibliothek untergebracht.

 

  • 2. + 3. OG: Hier sind in beiden Bereiche alle Klassenräume untergebracht, die laut Raumprogramm vorzusehen sind. Im Neubau gruppieren sie sich um ein zentrales Atrium, das durch Oberlichtverglasungen natürlich belichtet wird. Mehrere farbige Erker stellen im Pausenbereich Rückzugsplätze für kleinere Schülergruppen zur Verfügung.

Freibereiche in jedem Geschoß ermöglichen zusätzlich den Unterricht im Freien bzw. die Nutzung als Entspannungs- und Pausenbereich.

 

  • 1. + 2. UG Neubau: Der Sporthallentrakt entspricht den vorgesehenen Dimensionen und dem Raumprogramm. Externe und interne barrierefreie Erschließung sind voneinander getrennt. An der Nordseite wird eine zusätzliche Fluchtstiege vorgesehen, sodass die Fluchtwegbestimmungen eingehalten werden. Der Sportbereich ist als eigener Brandabschnitt ausgebildet und von den darüber gelegenen Geschoßen abgetrennt. An der Westfassade wird ein Belichtungs- und Belüftungsschacht vorgesehen.

2020 - Ateliertrakt (Techn. Werken, textiles Werken, bildner. Erziehung):

 

Der Ateliertrakt präsentiert sich  sowohl von seiner Lage als auch formal und funktional als eigenständiger Baukörper im Gesamtgefüge der Schulanlage. Erschlossen wird er einerseits vom neugestalteten Haupteingang und andererseits über einen neuen Stichgang von der Burkhardvilla. Zu diesem Zweck wird deren Stiegenhaus und Lift ins 1. UG verlängert, sodass hier ein barrierefreier Zugang geschaffen wird. Belichtet werden die Unterrichtsräume über ein achsial zur Villa ausgerichtetes rundes Atrium im Verbund mit Oberlichtverglasungen. Erschlossen werden die Räume durch einen umlaufenden Rundgang, der an der Südseite über ein verglastes Stiegenhaus eine direkte Verbindung mit dem Park ermöglicht (gleichzeitig Fluchtweg).

 

Die Trennwände zwischen Ateliers und Erschließungsgang sind zur Gänze verglast –ausgenommen Stauflächen im Parapetbereich-, um eine größtmögliche Transparenz zu erzielen.

 

Durch die konzentrische Anordnung der Räume um ein rundes Atrium kann die in den Villenvorplatz eingeschnittene Lichtöffnung auf ein Minimum reduziert werden, sodass die Parklandschaft geringstmöglich beeinträchtigt wird. Die Dachfläche wird teilweise als intensiv begrüntes Dach ausgeführt, um eine homogene Bepflanzung mit dem Rest des Parks zu ermöglichen, teilweise wird sie zur Nutzung als Pausen- und Aufenthaltsfläche befestigt. Bewegliche Sitzmöbel können darauf frei aufgestellt und, je nach Bedarf, umgestellt werden. Auch die Glasoberlichtelemente werden in Sitzgelegenheiten integriert.

 

1885 – Burkhardvilla:

 

Die denkmalgeschützte Burkhardvilla wird im vorliegenden Entwurf ausschließlich für Verwaltungszwecke verwendet. Sowohl der nördliche Hauseingang als auch der Verbindungsgang in das Bestandsgebäude „1981“ werden barrierefrei ausgebildet. In den Luftraum des Stiegenhauses wird ein verglaster Liftturm eingesetzt. Das Stiegenhaus wird bis in das 1. UG verlängert und über einen Stichgang mit dem Ateliertrakt verbunden. Ebenso wird der Lift bis ins 1. UG verlängert, sodass eine barrierefreie Anbindung für Lehrer und Schüler gewährleistet ist.

 

Es werden keine Wände entfernt. Je zwei neue Filigranwände pro Geschoß werden zur Änderung der Raumkonfiguration hinzugefügt.

 

Entwurfsansatz und Idee:

 

Die respektvolle Beziehung der unterschiedlichen “Zeitschichten“ zueinander ist die wesentliche Intention des Entwurfs. Dies betrifft die äußere Gestaltung durch Setzung der neuen Bauelemente ebenso wie das Herstellen der inneren Raumbeziehungen.

 

Obwohl der neue oberirdische Baukörper im Maßstab einen respektvollen Dialog mit dem Bestandsgebäude „1981“ eingeht, so ist das äußere und innere Erscheinungsbild doch eindeutig zeitgenössisch und vom Gebäudebestand eindeutig zu unterscheiden:

 

Die Fassade des Erweiterungsbaus setzt die baugeschichtliche Evolution fort, indem sie die vorhandene Fassade der Burkhardvilla (Massivbau mit vertikaler Lochfassade) und das Bestandsgebäude „1981“ (Skelettbau mit horizontaler Lochfassade) weiterführt zu einer Fensterbandfassade.

 

Dieses Thema der Weiterentwicklung spiegelt sich auch in der Wahl des Fassadenmaterials wieder. Waren es im 19. Jahrhundert die ornamentierten Stuck- und Putzelemente, die das äußere Erscheinungsbild der Burkhardvilla prägen, so sind es im 20. Jahrhundert Sichtbeton und Sichtziegel. Der Neubau sieht eine satinierte, hinterlüftete Panelfassade vor, die auf Grund ihres matten Glanzes im Zusammenspiel mit den Fensterbändern eine neue Zeitschicht deutlich erkennbar macht.

 

An der Südseite wird die neue Fassade des Erdgeschoßes mit Terrasse und Pergola vor das Bestandsgebäude verlängert, wodurch eine zusätzliche enge Verschränkung/Dialog zwischen den unterschiedlichen Bauetappen entsteht.

 

Auf Grund der Beengtheit am Grundstück bietet sich die Auslagerung der künstlerisch-kreativen Raumeinheiten in den Bereich des Vorplatzes an. Diese funktionale Sonderstellung soll auch die architektonische Umsetzung

 

zum Ausdruck bringen. Transparent gestaltete Wände der Unterrichtsräume zu den Gängen sollen auch den offenen kreativen Aspekt des miteinander und voneinander Lernens hervorstreichen.

 

Grundidee des Entwurf war jedenfalls die Schaffung eines gemeinsamen neuen Schulgebäudes, das bestmöglich alle Funktionen auf möglichst kurzen Wegen miteinander verbindet und sowohl in der äußeren Erscheinung als auch im inneren Funktionsablauf fließende Übergänge schafft , um ein neues homogenes Ganzes zu erreichen, ohne dabei die zeitgenössische Technologie und die Formensprache zu vertuschen.

 

NF-Bestand: ca. 4.200 m²

NF-Neubau:  ca. 4.200 m²