Umgestaltung und Erweiterung des Gebäudes Salzburger Vorstadt 15     Braunau-A, 2020

EU-weiter, nicht offener. einstufiger Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren

© KNAUER ARCHITEKTEN
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PUBLIKATIONEN:      DerStandard     DiePresse

Projektbeschreibung

 

Umgestaltung und Erweiterung des Gebäudes Salzburger Vorstadt 15, dem ehemaligen Geburtshaus von Adolf Hitler, zu einer Polizeiverwaltungsgebäude.

 

Intention zur Bauaufgabe – Städtebauliche Aspekte:

Die Stadt Braunau ist, wie jede städtische Agglomeration, einem kontinuierlichen Wandel unterlegen, welcher stetig morphologische Spuren hinterlässt.

Die Bauaufgabe auf der Liegenschaft Salzburger Vorstadt 15 wird einen kleinen Mosaikstein zu dieser Entwicklung beitragen.

Auf den historischen Stadtkarten ist zu erkennen, dass der durch die Straßen „Salzburger Vorstadt/ Berggasse/ Kaserngasse / Schmiedgasse“ begrenzte Gebäudeblock allseitig bebaut war.

Einbindung in die Umgebung:

Der vorliegende Entwurf übernimmt die ehemalige Bebauungsstruktur und schließt diese an seinen früheren Raumkanten. Gebäudemaßstab und Konfiguration entsprechen der historischen Stadtstruktur, die Formensprache ist zeitgenössisch, wie es auch in früheren Epochen üblich war.

An der Schnittstelle von historischem Stadtkern und disperser Vorstadtzone gelegen, fasst der Ost-West orientierte Neubau nun mit dem südlich gelegenen Gebäude des Lebensmittelhandels und der westlich gelegenen Rückfront der Bebauung entlang der Salzburger Vorstadt einen neuen Stadtraum, auf dem sich zurzeit noch zwei Nebengebäude (G.nr. .331 und .332) befinden. Dieser erhält eine Ausgestaltung als verkehrsberuhigte Zone mit einer einheitlichen Pflasterung. Zehn Besucherstellplätze des Polizeigebäudes werden hier untergebracht inklusive Fahrradabstellplätze.

Die östliche Stirnfassade des Neubaus ist von der eigentlichen Grundgrenze entlang der Kaserngasse abgerückt, sodass eine zweispurige Straße samt Gehsteigen ausgebildet werden kann. Dadurch wird eine rasche und ungehinderte Zu- und Ausfahrt sowohl aus dem Innenhof im Erdgeschoß, der die Einsatzfahrzeuge beherbergt, als auch aus der Tiefgarage, in der die Mitarbeiterparkplätze untergebracht sind, ermöglicht.

 

Architektonische Aspekte:

Altbau:

Auf die Kombination von vorhandenem Altbau und zeitgenössischem Zubau ist das Hauptaugenmerk gerichtet. Die spezielle Vorgeschichte des Altbaus erfordert eine ebenso spezielle Herangehensweise. Das mehrfach veränderte Erscheinungsbild der ursprünglich getrennten Bürgerhäuser wird erneut einem Wandel unterzogen. Der Entwurf sieht eine Umgestaltung der Fassade vor, die den ursprünglichen Gebäudetypus zweier getrennter Gebäude darstellt. Zu diesem Zweck wird der traufständige Teil des Daches entfernt und die beiden Satteldächer zur Straße verlängert. Sie schließen mit einem Walm an die hochgezogene Vorschussmauer an. Im Bereich der mittleren Grabenrinne ist die Mauer geteilt, um die ursprüngliche Eigenständigkeit der beiden Hausteile nachvollziehbar zu machen. Dieser Logik folgend, werden im Erdgeschoß zwei voneinander unabhängige Hauseingänge, einer für Besucher und einer für Mitarbeiter, geschaffen.

Das historische Stadtbild von Braunau wird dominiert von verputzten Lochfassaden. Die Fassadentransformation des bestehenden Gebäudes fügt sich in dieses Stadtensemble ein und soll dadurch eine unaufdringliche Selbstverständlichkeit im historischen Kontext ausstrahlen, ohne jedoch auf den „zweiten Blick“ seine zeitgenössische Interpretation in der Detailausbildung zu verleugnen (Fenstergestaltung, EG-Zonen, Besenstrich-Putz, etc.). Für die Erdgeschoßzone sind, durchaus auch in Analogie zu den gewerblich genutzten ebenerdigen Geschäftsbereich in der Stadt, neben den beiden Eingängen großzügige, blickdichte Glasfenster geplant, vor die in der schräg verlaufenden Fassadenebene fix montierte horizontale Sichtschutzlamellen montiert werden.

Rückfassade Altbau: Die an der Rückseite bereits zweigliedrige Fassade bleibt erhalten. Die vorhandenen Krüppelwalmdächer werden zu giebelständigen Satteldächern ergänzt. Die im Erdgeschoß zum uneinsehbaren Atrium orientierten Fenster werden als Fenstertüren vergrößert, sodass der neue Innenhof auch von den Büroräumen direkt betreten werden kann.

Neubau:

Der historischen Typologie folgend, entstehen durch die Anordnung des Neubaus zum Altbau neue Innenhöfe. Die neuen Geschoßhöhen orientieren sich am Altbau, sodass über den vorhandenen Arkadengang alle drei Neubaugeschoße barrierefrei erschlossen werden können.

Da die Erdgeschoßzone des Neubaus fast ausschließlich für Stellplätze bzw. Zu- und Abfahrtsrampe genutzt wird, sind an dieser Fassade blickdichte Mauern mit schmalen Zuluftschlitzen vorgesehen. Die beiden verglasten Zugänge zu den Abteilungen Bezirkspolizeikommando und Polizeiliches Koordinationszentrum unterbrechen und gliedern die Erdgeschosszone.

Der Neubau ist in verschiedene Kuben gegliedert, die sowohl auf die unterschiedlichen Abteilungen und deren Funktionen reagieren, als auch auf die unterschiedlichen städtischen Anschlussbereiche.

Obwohl unterschiedliche Fassadenaufbauten bei Alt- und Neubau hergestellt werden, so soll doch mit einer durchgehenden Putzstruktur (horizontaler Besenstrich) und Farbe ein einheitliches Gesamtensemble geschaffen werden.

 

Funktionale Aspekte - Gebäudeorganisation:

Das Gebäude verfügt insgesamt über vier Eingänge und zwei Einfahrten.

Altbau: Die Polizeiinspektion wird im bestehenden Altbau untergebracht, da sie einen unmittelbarsten Kontakt mit den Bewohnern hat und daher von der Salzburger Vorstadt direkt zugänglich sein soll. Die innere Organisation der Grundrisse folgt den funktionalen Vorgaben. Stiegenhaus und Lift werden neu hergestellt. Alle Geschoße sind barrierefrei erschlossen. Das Dachgeschoß wird nicht ausgebaut und bleibt als Reservefläche erhalten.

Die vorhandene Treppe in den historischen Kellerbereich wird abgebrochen und durch einen Zugang von der neuen Tiefgarage ersetzt. Die Verwahrungsräume und der Sozialraum sind über den bestehenden Arkadengang niveaugleich im Neubau untergebracht.

Neubau: Im Neubau sind die beiden Abteilungen Bezirkspolizeikommando und Polizeiliches Koordinationszentrum untergebracht. Sie verfügen jeweils über einen eigenen Eingang vom neuen Stadtplatz. Alle drei Betriebseinheiten sind unabhängig voneinander organisiert, können jedoch über interne Verbindungs-gänge direkt miteinander kommunizieren.

Im 1. Obergeschoß entstehen zwei unterschiedliche Freibereiche. Einer ist entlang der nördlichen Grundgrenze als Terrasse konzipiert. Sie überdeckt die Garageneinfahrt ins Untergeschoß und kann direkt von beiden Sozialräumen betreten werden. Der zweite Freibereich ist vom östlichen Stiegenhaus (PKZ) zu betreten. Er kann gemeinsam mit dem großzügig dimensionierten Stiegenhaus als Pausenbereich für externe Kursteilnehmer des Schulungsraumes dienen (Raucherbereich). Er wird beschattet durch vertikale Sonnenschutzlamellen. die manuell justierbar sind.

Der Hof im Erdgeschoß wird als Sammelplatz und Parkplatz für die 12 Dienstfahrzeuge verwendet. Die Stellplätze sind durch das Obergeschoß überdeckt. Sie könnten aber auch mit Schnelllauftore zum Hof hin geschlossen werden.

Die Tiefgarage wurde auf 25 PKW-Stellplätze ausgelegt, wobei nicht die gesamte Liegenschaft unterkellert wurde. Im Bedarfsfall könnten noch zusätzliche 5 Stellplätze geschaffen werden.

 

Ökonomische, Ökologische Aspekte Nachhaltigkeit:

Der vorgeschlagene Entwurf versucht eine Balance herzustellen zwischen den unterschiedlichen Parametern wie Wirtschaftlichkeit, Energieeffizienz, innere Flexibilität und städtebaulichen Randbedingungen.

Ökologie: Ausschließliche Verwendung von nicht fossilen Energiequellen und umweltverträglicher Bauprodukte. Zum Einsatz kommen Niedertemperaturheizung und –kühlung unter Verwendung von Wärmepumpen (vermutlich Erdwärme). Im Neubau ist eine Bauteilaktivierung vorgesehen. Auf den extensiv begrünten Flachdächern des Neubaus ist Platz für eine großzügige Photovoltaikanlage.

Energieeffizienz: Im Altbau wird die Decke zum Dachbodenraum gedämmt; Fenster mit Dreifach-Verglasung.

Neubau: Außenliegende Wärmedämmung, Dreifach-Verglasungen mit außenliegendem Sonnenschutz. Zusätzlich wird im 1. Obergeschoß der Südfassade Neubau ein auskragendes Vordach als fixer Sonnenschutz vorgesehen, der im Winter den flachen Sonnenschein in den Raum einfallen lässt und somit die Energiebilanz des Hauses positiv beeinflusst, andererseits bei hohem Sonnenstand im Sommer die Räume abschattet.

Flexibilität: Die Büroräume werden größtenteils aus nichttragenden Trennwänden hergestellt, sodass eine Veränderung der Raumkonfiguration jederzeit gewährleistet ist.

 

Anerkennungspreis