Städtebauliche Aspekte:
Am nördlichen Ende eines langgestreckten, nordsüd-orientierten Grundstücks soll das neue Bücherdepot errichtet werden. Von der im Süden gelegenen Erschließungsstraße ist das neue Gebäude ca. 120 Meter entfernt, jedoch auf Grund seiner mächtigen Dimensionen (b x h der Südfassade beträgt ca. 53 x 20 m) durchaus auch von dort gut wahrnehmbar, insbesondere auch deshalb, da kein unmittelbar davor liegendes Gebäude die Blickverbindung beeinträchtigt.
Am westlichen Nachbargrundstück ist bereits ein Gebäude ähnlicher Dimension in Errichtung, ebenso ist eine gleich hohe Bebauung am östlich anschließenden Nachbargrundstück zu erwarten, sodass sich das neue Bauwerk in ein Gesamtgefüge von ähnlichen Kubaturen einfügen wird.
Die Nordfassade des Entwurfes ist, dem Konstruktionsraster angepasst, abgestuft und folgt damit der schräg verlaufenden nördlichen Grundgrenze, um einerseits diesen Teil des Bauplatzes optimal ausnutzen zu können und um andererseits die Mächtigkeit des Baukörpers zu strukturieren. Mit dieser Entwurfsstrategie kann auch für eine spätere Erweiterung Richtung Süden das größtmögliche Reservevolumen zur Verfügung gestellt werden.
Das neue Gebäude ist freistehend (Seitenabstände betragen die halbe Attikahöhe) und kann somit zur Brandbekämpfung und für Fassadensanierungsarbeiten allseitig befahren werden.
Architektonische Aspekte:
Hülle und Futteral: Grundidee des Entwurfes ist sowohl die Darstellung des schützenden Aspekts von, teilweise historischem, kollektivem Wissens als auch der Verweis auf den, zumindest intellektuell, wertvollen Inhalt des Gebäudes an den beiden Hauptfassaden im Norden und im Süden.
Vermittelt werden soll diese Idee durch eine dunkelmatte Gestaltung an den beiden Seitenfassaden im Osten und Westen, welche die Süd- und Nordfassade schützend einrahmen („Hülle“). Diese sind im Gegensatz dazu hell seidenmatt leuchtend, sodass eine Analogie zu den Preziosen im Inneren des Gebäudes hergestellt wird („Futteral“). Zusätzlich werden in den „schützenden Seitenfassaden“ noch kleine vertikale Blechelemente, die wie Bücher aus dem Regal ragen, appliziert. Diese „Buch-Applikationen“ besitzen die gleiche Materialität wie die beiden Hauptfassaden. Sie sind nach außen abgekantet, sodass sie die flache Fassadenebene strukturieren und wiederum das Farb- und Materialthema der beiden anderen Gebäudefassaden aufnehmen. Durch ihre unregelmäßige Anordnung, die sich zu den Gebäudekanten hin verdichtet, wird eine zusätzliche Rhythmisierung geschaffen.
Während bei den beiden Seitenfassade durch ihre glatte Geschlossenheit der schützende Charakter im Vordergrund steht, sollen die beiden anderen durch ihre räumliche Staffelung im Norden bzw. räumliche Schichtung im Süden die Blicke auf sich ziehen.
Ähnlich einer Guckkastenbühne rahmt die Südfassade die vorgesetzte Stahlkonstruktion der Fluchtgalerien samt Treppe und den mittig gelegenen Haupteingang. Ein semitransparenter „Vorhang“ aus gekanteten Lochblechen bekleidet die dahinter liegenden Galerien und faltet sich um die Fluchtstiege.
Materialien:
Hülle (Seitenfassaden): Hinterlüftete, matte Plattenverkleidung in Anthrazit bzw. Schlammfarbe (unglasierte Keramik, Eternit o. Ä.)
Futteral (Süd- und Nordfassade): Hinterlüftete, gekantete Blechverkleidung in Silber mit leichtem Goldton, seidenmatt.
Verkleidung Fluchtgalerien Südfassade: Gekantete Blechverkleidung, gelocht in Silber mit zartem Goldton.
Funktionale Aspekte:
Äußere und innere Erschließung:
Von der Paukerwerkstraße führt eine neue Erschließungsstraße entlang der westlichen Grundstücksgrenze nach Norden zum geplanten Neubau. Diese wird sowohl von Benutzern der ÖVM als auch dem MIV benutzt. Vor dem Gebäude teilt sie sich in eine Zufahrt zum Personaleingang samt den angeschlossenen Pflichtstellplätzen und der Zufahrt für die An- und Ablieferung der Büchertransportfahrzeuge, die an der Nordwestecke des Gebäudes untergebracht ist.
Betreten wird das Gebäude im Erdgeschoß zentral an der Südfassade. Hier befinden sich auch alle erforderlichen Büro- und Aufenthaltsräume. Ein mittig gelegener Erschließungsgang führt weiter zu den im hinteren Gebäudetrakt gelegenen Funktionsräumen und den beiden zentral gelegenen vertikalen Erschließungstürmen. Diese sind so gelegen, dass ein optimaler Bewegungsfluss zwischen An- und Ablieferung/ Aufteilungsbereich und Sortierstation/ Vertikale Erschließungskerne / und Bücherdepots gewährleistet ist. Flankiert wird dieser nördliche Gebäudeteil durch seitlich angeordnete Depot-Reserveflächen, die zusätzlich zum geforderten Raumprogramm hier untergebracht wurden und für Sondernutzungen herangezogen werden können bzw. einer Universität noch zugeteilt werden können.
Die Struktur des Gebäudes ist auf einen Konstruktionsraster von 7,80 x 7,00 m mit dazwischen geschalteten Erschließungsachsen (1,70 bzw. 1,80 m), aufgebaut. In den vier Obergeschoßen „docken“ die beiden zentralen Erschließungskerne an diese in Nord-/Südrichtung verlaufenden Erschließungsgänge an und ermöglichen eine optimale Zugänglichkeit der einzelnen Depotabschnitte auf kürzesten Wegen. Sie verfügen weiters über Oberlichtverglasungen, sodass über die vorgeschlagenen Lufträume Tageslicht bis ins Erdgeschoss gelangen kann.
Im 1. und 2. OG sind die unterschiedlichen Universitätsbibliotheken untergebracht. Im 3. und 4. OG befindet sich ausschließliche die Bibliothek der Universität Wien.
Da jeder der beiden vertikalen Erschließungskerne über vier Depotzugänge verfügt, kann jede der unterschiedlichen Abteilungen bzw. Klimazonen eigens erschlossen werden, ohne eine andere Abteilung als Durchgangszone benützen zu müssen.
Geschoßhöhen: Aus ökonomischen Überlegungen werden zwei unterschiedliche Raumhöhen (in Abhängigkeit der geforderten Regalhöhen) vorgeschlagen: Im EG bis 2. OG beträgt die lichte Raumhöhe (bis UK UZ) 300 cm, im 3. + 4.OG 260 cm. Da ein konstruktives System mit Unterzügen, die ausschließlich in Nord-Südrichtung laufen, vor-geschlagen wird, kann in Absprache mit der Auftraggeberin die Raumhöhe möglicherweise noch verringert werden.
Erweiterbarkeit:
Das Gebäude kann um zwei oder drei Konstruktionsachsen Richtung Süden erweitert werden, ohne dass dadurch, mit Ausnahme der Büroflächen im EG, die innere Organisation verändert werden muss. Es kann die vorgesetzte Stahlkonstruktion mit den Fluchtgalerien und der Fluchttreppe abgebaut und der Erweiterungsbau angeschlossen werden. Danach kann die Stahlkonstruktion in gleicher Weise wieder montiert werden, sodass das Erscheinungs-bild des Gebäudes unverändert bleibt. Die Brandabschnitte können so adaptiert werden, dass keine zusätzliche Vertikalerschließung erforderlich wird.
Bauphysik: Hamp-Armbruster Bauphysik OG
Statik: flp zt gmbh